"
Maria und das Wort"
Das marianische Dokument des GK 2013

Was braucht unsere Zeit?


P. Salvatore M. Perrella OSM,
unter dessen Federführung das marianische Dokument entstanden ist.

Im Rahmen unseres Generalkapitels im Herbst 2013 wurde den Vertretern des Servitenordens ein Dokument vorgestellt, welches über die Haltung Mariens zum Wort Gottes reflektiert. Das Theologenteam der ordenseigenen Päpstlichen Theologischen Fakultät Marianum, das an diesem Dokument gearbeitet hat, wählte den Titel "Mir geschehe nach deinem Wort " (Lk 1,38). Die Serviten und Maria, das Bild der Frau, die das Wort hört und bezeugt. Der Anlass für diese Abhandlung ist zuerst die Einladung des Zweiten Vatikanischen Konzils "zur häufigen Lesung der heiligen Schriften" (Dei Verbum, 25) und dann die aktuelle Notwendigkeit einer neuen Evangelisierung. Der inhaltliche Aufbau dieses Dokuments soll einer vertiefenden Meditation über die Auswirkung des Wortes Gottes im Leben eines Menschen und in der Geschichte sämtlicher Nationen entgegen kommen. Daher kann dieser Text durchaus als eine Lectio divina zum gewählten Thema betrachtet werden, also eine Vertiefung über die positive Antwort Mariens auf die Botschaft Gottes hin.

Für wen ist dieses Dokument gedacht? Für unsere Zeit, oder besser gesagt, für unser beschleunigtes Leben, in dem man "keine Zeit hat" - für das Wesentliche. Direkt angesprochen sind hier zuerst die Diener und Dienerinnen Mariens und die Gottgeweihten, welche als Diener und Dienerinnen des Wortes das Evangelium verkünden. Unsere Zeit braucht sie und erwartet von ihnen ihre Hingabe, Großherzigkeit und Liebe, ihren Dienst und ihr Wissen. Es werden hier ebenfalls die Jüngerinnen und Jünger Christi angesprochen, die nicht der römisch-katholischen Kirche angehören, aber zusammen mit ihr bemüht sind den Weg der gemeinsamen Bekehrung zu gehen, offen für die Suche nach der Wahrheit und für die Kultur der Versöhnung als eine bleibende Herausforderung aller Zeiten. Man vergisst hier nicht zu betonen, dass die Diskussion über die Gottesmutter zwischen den Kirchen und den christlichen Gemeinschaften zu häufigen bitteren Auseinandersetzungen führte. Der Geist unserer Zeit hat aber die Beteiligten durch Begegnung, Gastfreundschaft und ökumenischen Dialog erkennen lassen, dass Maria, die Frau der Gnade, als Ort der Offenbarung Gottes in seinem Sohn betrachtet werden kann. Die Gedanken dieses Dokuments wenden sich auch an jene Nicht-Christen, die in Maria eine Bedeutung sehen im Hinblick auf den Glauben an den Einen Gott. Besonders angesprochen sind hier die gläubigen Juden, zu denen auch Maria gezählt wird, und ebenso die Söhne und Töchter des Islam, in dessen heiligem Buch Koran Maria als die Mutter Jesu hervorgehoben ist. Darüber hinaus werden auch all jene  angesprochen, die von der Erzählung über die Gottesmutter oder von ihr als Person berührt bleiben. Ihnen allen gehört die Einladung zur Betrachtung der Gottesmutter, dieser lebendigen Ikone, die unseren Blick in eine Glaubensbeziehung mit Gott hinlenkt, der sich uns offenbart durch sein Wort.

Daher möchte das neue Servitendokument die Ziele des letzten Konzils über die göttliche Offenbarung wieder in Erinnerung rufen und sie am Beispiel der demütigen Magd des Herrn beleuchten. Der Servitenorden erklärt in dieser Abhandlung, dass selbst seine marianische Verehrung und Spiritualität ihren Ursprung, ihre Begründung und die Garantie ihrer Authentizität dem Wort Gottes entnehmen; von demselben Wort entnimmt er auch den Anreiz, diese Spiritualität mit allen zu teilen. Aus diesem Schatz schöpfen die Verfasser des genannten Dokuments. Dabei wird die Herausforderung unserer Zeit spürbar: Die Schriften der heiligen Offenbarung sollen in der Sprache dieser Zeit verkündet werden, ohne den Geist zu missachten, in dem sie geschrieben wurden; - vor der Gefahr des "Buchstaben ohne den Geist" warnte bereits Paulus die Christen von Korinth (2Kor 3,6). Daher ist der Leser des Servitendokuments aufgefordert die Spur des Geistes durch die Ereignisse der Begegnung Mariens mit dem Wort zurück zu verfolgen, quer durch die Zeit, quer durch die lange Tradition der Kirche, quer durch die Geschichte des Volkes der Verheißung. Dieser Aspekt der Suche nach dem Geist ist vielleicht der wichtigste für die heutige Zeit der vielen Worte, der geschriebenen oder gesprochenen, die es kaum noch vermögen eine Anbindung an den Geist anzubieten. In unserem Betrachtungstext finden wir allerdings hilfreiche Ansätze, die uns auf die Spur des Geistes bringen können, und die hier in den folgenden Ausgaben vorgestellt werden.

fr. Fero M. Bachorík OSM